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Erlebte Rede – innerer Monolog – Bewussteinsstrom

Wie bringst du deine Figur dem Leser/der Leserin näher?

 

Epische Texte und somit Geschichten bestehen aus der Erzählerrede (dies beinhaltet z.B. Darstellung der Handlung, Beschreibungen und Schilderungen) und der Figurenrede.

Die Figurenrede unterscheidet fünf Formen:

  • direkte Rede
  • indirekte Rede
  • erlebte Rede
  • innerer Monolog
  • Bewusstseinsstrom

Bei der direkten Rede kommunizieren die Figuren aktiv miteinander, auch Dialog genannt – zu erkennen durch die Anführungszeichen, in die die wörtliche Rede gesetzt wird.

Spricht die Figur selbst, ist der Leser ihr schon sehr nahe. Aber es gibt auch Dinge, Gedanken, Gefühle, die die Figur nicht aussprechen will oder kann, auch im Bezug auf die Positionierung der einzelnen Charaktere – hier kommt dann die erlebte Rede zum Einsatz – s. u.

 

Die indirekte Rede gibt nur wieder, was eine Figur sagt oder gesagt hat. Es wird im Konjunktiv nacherzählt. Dafür werden keine Anführungszeichen gebraucht. Indirekte Rede hat eine sehr distanzierte und berichtende Wirkung.

Ich möchte hier näher auf die anderen drei Varianten eingehen, denn spannend und interessant wird es, wenn das nicht Gesagte über die Figuren in die Handlung mit einbezogen wird.

 

Erlebte Rede

Bei der erlebten Rede gibt der Erzähler die Empfindungen, Gefühle und Gedanken der Figur wieder. Er schreibt aus der inneren Sichtweise der Figur und übernimmt weitestgehend den Sprachstil der Figur. Gerade hierdurch fließen die unterschiedlichen Machtverhältnisse und Hintergründe in die Geschichte ein. Dies gibt den Figuren Tiefe, macht sie für den Lesenden interessant und kann mit der Handlung gut kombiniert und eingebunden werden.

Dabei werden die Verben des Sagens, Denkens oder Zusätze (z. B. sagen, fragen, denken, in den Sinn kommen, überlegen etc.) nicht benutzt.

Der Erzähler findet sich so nah an/in der Figur, dass die Spanne zwischen den beiden aufgehoben wird:

-        Der Erzähler ist noch wahrnehmbar.

-        Ist typisch bei personalem Erzähler.

-        Wird in der dritten Person geschrieben: er/sie.

-        Die Zeitform bleibt erhalten.

 

Beispiel:

Paula schaute wie gelähmt zu, wie Leon seinen Koffer packte. Blut schoss ihr in den Kopf, kalt und heiß lief es ihr über den Rücken.

Hier beginnt die erlebte Rede:

Da machte er so plötzlich Schluss mit ihr, ohne jegliche Vorwarnung. Warum nur? Hatte er wohl eine andere? Vorgestern waren sie sich noch einig, dass sie heiraten wollten. Was hatte er jetzt vor? Sie wollte nicht, dass er sie verließ, nicht jetzt …

 

Innerer Monolog

Beim inneren Monolog spricht die Figur mit sich selbst, es werden die direkten Gedanken und Gefühle der Figur beschrieben. Die Figur setzt sich mit ihren Empfindungen auseinander. Auch hier wird auf die Inquit-Formel und sonstigen Zusätze verzichtet.

-        Der Erzähler ist nicht mehr spürbar, tritt in den Hintergrund.

-        Wird in der ersten Person geschrieben: ich.

-        Die Zeitform ist immer Präsens.

-        Der Leser/die Leserin fühlt mit.

Beispiel:

Das kann nicht sein. Ich liebe ihn doch so. Nein, so einfach lass ich mich nicht abspeisen. Ich habe doch schon den Hochzeitsplaner bestellt.

 

Bewusstseinsstrom

Unmittelbar näher an deine Figur bringst du die Lesenden durch den Bewusstseinsstrom (engl. stream of consciousness). Hier werden die Gedankenströme/-fetzen und Gefühlswelten/-chaos aus dem tiefsten inneren Bewusstsein der Figur miterlebt. Dies sind Assoziationen, Erinnerungen, Empfindungen, Unterbewusstes und können in Form von Wort- und Satzbruchstücken ungeordnet dargestellt werden, wobei teilweise die grammatikalischen Regeln (auch Zeichensetzung) nicht beachtet werden.

 

-        Der Erzähler ist komplett außen vor.

-        Die unmittelbarste Erzählperspektive ist in der ersten Person.

-        Die Zeitform ist meisten im Präsens.

-        Der Leser/die Leserin ist ganz bei der Figur, fiebert mit.

 

Beispiel:

…ch…pff… atmen … er macht Schluss. Nein, ich glaub ich träume. Vor zwei Tagen … seine liebevollen Worte … seine zärtlichen Hände …  ich kriege jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke … mir wird schwindelig.

 

Fazit

Von der erlebten Rede bis zum Bewusstseinsstrom – wie hier beschrieben – kommt der Leser/die Leserin der Figur in ihrem Gefühlsleben immer näher, authentisch und ausnahmslos.

Die Sprache wird interessanter, dadurch dass sich die Erzählerrede mit der Figurenrede vermischt.

Durch die Figurenrede wird die Figur stark charakterisiert, Hintergründe, Zusammenhänge werden lebendig dargestellt. Die Sinneseindrücke, Gedanken und Gefühle fließen ineinander über.

Der Leser/die Leserin lernt die Figur besser kennen, auch in Bezug auf ihre Werte. Sie können mit der Figur mitfühlen, werden emotional mit einbezogen und sogar beeinflusst – egal ob sympathisch oder unsympathisch. Die Leidenschaft beim Lesen wird geweckt, weil Figuren immer eine tragende Rolle in einem Roman spielen.

Allerdings solltest du deine Figur wirklich gut kennen mit all ihren Facetten, Stärken und Schwächen, damit die Empfindungen, Gedanken realistisch dargestellt werden und sich nicht widersprechen

Du kannst die o. g. Möglichkeiten gut variieren, auch wenn du kurzfristig einen Perspektivenwechsel vornehmen musst – in die Ich-Perspektive.

 

Doch Vorsicht ist geboten bei inneren Monologen und dem Bewusstseinsstrom – wie bei allem ist weniger oft mehr: 

Innere Monologe verlangsamen das Tempo deiner Geschichte.

Die Erzählweise des Bewusstseinsstroms mit den aufeinanderfolgenden Gedankensprüngen, Gefühle und Empfindungen sind über längere Passagen schwierig zu lesen. Der Lesefluss wird deutlich verlangsamt.

Halte die beiden Varianten möglichst kurz und knackig. Setze diese bedacht in wichtigen Situationen ein und nimm deine Leser/Leserinnen hautnah mit in das Gefühlschaos deiner Figur.

 

Diese beiden Arten sind auch nicht in allen Genres sinnvoll einzusetzen, wie z. B. in historischen Romanen. Typische Genre hierfür bzw. wo man sie gut als Mittel einsetzen kann, sind New Adult., Romance etc., um hier die tiefen Gedanken und Gefühle der Figur wiederzugeben.

 

Die erlebte Rede kann einfach mit der Erzählerrede kombiniert werden. Oft ist der Unterschied nicht eindeutig zu erkennen, auch weil sie effektiv ineinander verschmelzen. Je nach Situation lassen sich die Erzählerstimme von der charakteristischen Ausdrucksweise der Figur nicht einfach voneinander trennen.

Achte aber auch hier auf die richtige Mischung, denn nur Bewertungen und Gedanken der Figur zu beschreiben, wird auf Dauer langweilig. Lass die Figur auch aktiv handeln. Gefühlvolle Ausgewogenheit führt langfristig zum Erfolg.

 

 

Tipp: Verwende die Schrift in „Kursivnur beim inneren Monolog sowie dem Bewusstseinsstrom, wenn du in die Ich-Perspektive überwechselst. 

Melde dich gerne bei mir, für ein kostenloses Inspirationsgespräch– ich freue mich auf dich!

Désirée Wörner

E-Mail: d.woerner@lektorat-wortspirit.de

 

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